EU-Taxonomie erfolgreich umsetzen – Einblicke und Lösungsansätze

Veröffentlicht 28. Dez. 2023  | 8 Min. Lesezeit
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Die EU-Taxonomie, ein Kernstück des europäischen Green Deal, führt zu weitreichenden Veränderungen für viele Unternehmen. Im Gespräch mit Alexander Paul, Wirtschaftsprüfer bei PKF, beleuchten wir, welche Herausforderungen die EU-Taxonomie mit sich bringt und wie diese am besten gemeistert werden können. PKF bietet umfassende Beratungsdienstleistungen zur Unterstützung von Unternehmen bei der Umsetzung der regulatorischen Anforderungen aus der EU-Taxonomie-Verordnung an.

 

Die Herausforderungen der EU-Taxonomie

Die EU-Taxonomie konfrontiert Unternehmen mit komplexen Berichtsanforderungen und stellt etablierte Organisationsstrukturen auf den Prüfstand. Alexander, kannst Du uns Deine Erfahrungen aus der Beratungspraxis schildern?

Alexander Paul: Die EU-Taxonomie wird von den Unternehmen unterschiedlich aufgenommen, als bürokratische Hürde oder als strategische Chance, manchmal auch als beides gleichzeitig. Jedenfalls lässt sich jetzt schon sagen, dass viele Erstanwender vor einer interdisziplinären Herausforderung stehen. So zeigt zum Beispiel eine Umfrage des europaweit führenden Technologie-Analysten BARC, dass sich gegenwärtig in vielen Unternehmen interdisziplinäre Fachgruppen für Nachhaltigkeit bilden, die sich intensiv mit den entsprechenden Standards und Regelwerken auseinandersetzen. Aber wir sehen auch in dieser Umfrage, dass insbesondere das CFO-Office, eine zentrale Verantwortlichkeit in der Nachhaltigkeitsberichterstattung innehat. Das ist auch in unserer Beratungspraxis erkennbar.

 

Wie lässt sich die EU-Taxonomie in den Kontext der Nachhaltigkeitsberichterstattung einordnen?

Alexander Paul: Die EU-Taxonomie ist ein zentrales Element des EU-Aktionsplans zur Finanzierung nachhaltigen Wachstums und des europäischen Green Deals. Sie zielt darauf ab, Kapitalflüsse in Richtung einer nachhaltigen Wirtschaft zu lenken und stellt ein Klassifizierungssystem für ökologisch nachhaltige Wirtschaftstätigkeiten dar.

Berichtspflichtige Unternehmen müssen den Anteil ihrer Umsatzerlöse, Investitions- und Betriebsausgaben offenlegen, der mit als ökologisch klassifizierten Wirtschaftstätigkeiten in Verbindung steht. Die EU-Taxonomie unterscheidet sich insofern von der bislang von der NFRD (Non-Financial Reporting Directive) geprägten Nachhaltigkeitsberichterstattung oder den nunmehr relevanten ESRS (European Sustainability Reporting Standards), die z.B. nicht-finanzielle KPIs wie CO2-Emissionen oder den Energieverbrauch umfassen, als sie die Angabe rein finanzieller KPIs verlangt.

 

Wen betrifft die EU-Taxonomie?

Welche Unternehmen sind von der EU-Taxonomie betroffen, und wann sind die Nachhaltigkeitsinformationen zu veröffentlichen?

Alexander Paul: Bislang waren große, kapitalmarktorientierte Unternehmen in der Berichterstattungspflicht. Mit dem Inkrafttreten der CSRD wird der Anwendungsbereich jedoch deutlich ausgeweitet. Ab 2025 müssen alle großen Kapitalgesellschaften unabhängig von einer Kapitalmarktorientierung berichten. Ein weiterer Einflussfaktor ist hierbei die geplante Änderung der Schwellenwerte für die Größenklassen von Unternehmen. Am 17. Oktober 2023 hat die EU-Kommission einen Rechtsakt erlassen, wonach die Schwellenwerte für den Umsatz und die Bilanzsumme inflationsbedingt um 25% erhöht werden.

 

Bis 2028 werden weitere Unternehmensgruppen zur Berichterstattung verpflichtet. Dies ist ein bedeutender Paradigmenwechsel, der die Landschaft der Nachhaltigkeitsberichterstattung in Deutschland und Europa sehr stark verändern wird.

Wer betroffen Berichtspflicht EU-Taxonomie

Berichtspflichten nach der EU-Taxonomie

Was müssen berichtspflichtige Unternehmen veröffentlichen?

Alexander Paul: Unternehmen müssen ihre Nachhaltigkeitsperformance basierend auf den im Unternehmen stattfindenden Wirtschaftstätigkeiten messen. Der Prozess der Performancemessung kann mit Filtern veranschaulicht werden: Einem „Eligibility Filter“ und einem „Alignment Filter“. Der „Eligibility Filter“ bezieht sich auf taxonomiefähige Wirtschaftstätigkeiten. Er prüft, ob die wirtschaftlichen Tätigkeiten potenziell positive Auswirkungen auf eines oder mehrere der Umweltziele haben. Im Regelfall sind nicht alle Tätigkeiten taxonomiefähig, sodass regelmäßig einige ausscheiden. Der zweite, komplexere „Alignment Filter“ bezieht sich auf taxonomiekonforme Tätigkeiten und filtert diejenigen Wirtschaftstätigkeiten heraus, die tatsächlich einen positiven Beitrag zu einem oder mehreren der Umweltziele stiften.

 

Nach Anwendung dieser Filter werden die verbleibenden Wirtschaftstätigkeiten in die finanziellen KPIs einbezogen. Dazu gehören Umsatzerlöse, Investitionsausgaben und Betriebsausgaben. Im Nenner dieser Taxonomiequoten stehen die Gesamtumsätze sowie die gesamten Investitions- und Betriebsausgaben. Im Zähler findet sich der jeweils taxonomiekonforme Anteil. Dabei ist zu beachten, dass insbesondere die Definition der OPEX von denen der Gewinn- und Verlustrechnung abweicht.

Funktionsweise EU-Taxonomie

Wie bestimmen Unternehmen die Taxonomiekonformität?

Alexander Paul: Es ist wichtig, die beiden genannten Filter – zur Taxonomie-Fähigkeit und -Konformität – im Zusammenhang mit den sechs Umweltzielen der EU-Taxonomie zu betrachten. Für jedes dieser Ziele gibt es zunächst einen Katalog an taxonomiefähigen Tätigkeiten.

 

Die Komplexität beginnt bei der Prüfung der Taxonomiekonformität. Also, wie weise ich nach, ob der „Alignment Filter“ greift? Dafür gibt es die sogenannten technischen Bewertungskriterien (SC und DNHS) der EU-Taxonomie. SC steht für Substantial Contribution und bedeutet, dass eine Wirtschaftstätigkeit einen substanziellen Beitrag zu mindestens einem der sechs Umweltziele der EU-Taxonomie leisten muss. Das DNHS-Kriterium (Do No Significant Harm) wiederum berücksichtigt, dass die Tätigkeit gleichzeitig keines der anderen Umweltziele negativ beeinträchtigen darf. Darüber hinaus müssen Mindestschutzstandards, wie die OECD-Leitsätze oder die UN-Grundsätze, ebenfalls in die Bewertung mit einfließen.

Bestimmung Taxonomiekonformität

In welchem Format und wo müssen diese Informationen bereitgestellt werden?

Alexander Paul: Die Berichterstattung über die Taxonomiequoten erfolgt im Lagebericht. Dabei werden der jeweilige Anteil an taxonomiefähigen und nicht taxonomiefähigen Tätigkeiten berichtet, gefolgt von einer Übersicht nach SC- und DNSH-Kriterien.

 

Wichtig ist auch, dass die Berichterstattung im sogenannten ESEF-Format erfolgen muss, um die Daten maschinenlesbar und vergleichbar zu machen. Alle relevanten Informationen müssen daher mit einem „XBRL-Tag“ versehen werden.

 

Best Practices, um EU-Taxonomie umzusetzen

Wie begleitest Du Unternehmen bei der Umsetzung der EU-Taxonomie?

Alexander Paul: Es beginnt damit, ein Bewusstsein zu schaffen, dass die Berichterstattung nach der EU-Taxonomie ein Muss und kein „nice to have" ist. Faktisch bedeutet das, dass die Unternehmensleitung eng eingebunden werden sollte und idealerweise den Weg auch mit Überzeugung vorangeht. Dann müssen die einzelnen Fachabteilungen frühzeitig die richtigen Ressourcen einplanen und eine Plattform für die interdisziplinäre Zusammenarbeit schaffen. Klare Verantwortlichkeiten und Zuständigkeiten sind dabei entscheidend. Aus technologischer Sicht es ist essenziell, eine zum Unternehmen und Geschäftsmodell passende Software zu wählen, die eine effiziente und prüfungssichere Datenverarbeitung und Berichterstattung ermöglicht.

 

Welche Rolle spielt die Technologie bei der Umsetzung der EU-Taxonomie?

Alexander Paul: Technologie ist meiner Meinung nach unerlässlich für die Abbildung der Prozesse, das Datenmanagement und die Qualitätssicherung. Es gibt verschiedene Arten von Technologien auf dem Markt, einschließlich spezifischer ESG-Tools und etablierter Corporate Performance Management-Lösungen. Jedes Unternehmen muss für sich die passende Lösung finden. Die Auswahl der richtigen Software ist daher entscheidend. Ich empfehle eine integrierte Finanzplattform, um Medienbrüche zu vermeiden und den gesamten Prozess von der Datenerfassung bis zum Reporting möglichst effizient zu gestalten.

 

Herausforderungen und Perspektiven der EU-Taxonomie

Zum Abschluss, könntest Du einen Blick auf die Prüfung der EU-Taxonomie werfen? Wie sieht es aktuell in diesem Berufsfeld aus?

Alexander Paul: Die Umsetzung der EU-Taxonomie stellt sowohl Unternehmen als auch den Abschlussprüfer gleichermaßen vor Herausforderungen. Es wird interessant sein zu sehen, wie sich das Know-how im Bereich der Nachhaltigkeitsprüfung entwickelt und wie technisches und regulatorisches Wissen in den Prüfungsprozess einfließen wird.

 

Die zentrale Frage wird sein, wer die Nachhaltigkeitsinformationen prüfen wird. Der EU-Gesetzgeber stellt den Mitgliedsstaaten frei, ob dies durch den Abschlussprüfer oder durch unabhängige Dritte erfolgen soll. Die Prüfungseffizienz könnte sich als Herausforderung erweisen, insbesondere wenn verschiedene Prüfer beteiligt sind. Unser Berufsstand wird sich anpassen müssen und es wird spannend sein zu sehen, wie sich dies in den kommenden Jahren entwickeln wird.

 

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